Pflanzen auf dem Darß: Strand

Pflanzen am Ostseestrand


Kurze Einführung

Blüten des Europäischen Meersenfs (Cakile maritima), 18.10.2023, Darßer Nordstrand/Mecklenburg-Vorpommern.
Blüten des Europäischen Meersenfs (Cakile maritima), 18.10.2023, Darßer Nordstrand/Mecklenburg-Vorpommern.

Auf dieser Seite geht es ausschließlich um Pflanzen am Ostseestrand. Jene, die an Boddenufern gedeihen, finden Sie in der Rubrik "Feuchtgebiete". Vorweg sei außerdem gesagt, dass die Strandflora an den Ostseestränden der Halbinsel Fischland, Darß, Zingst nicht so artenreich ist wie die an den Stränden Rügens, zumindest nicht in den zugänglichen Bereichen. Das liegt daran, dass West- und Nordstrand sehr stark von Menschen genutzt bzw. begangen werden und extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt sind. Hinzu kommt, dass es der Halbinsel an Blockstränden fehlt. Blockstrände? Ja. Genau. An der Ostseeküste gibt es nämlich Flach- und Blockstrände (und ein paar Übergangsformen). Blockstrände sind von Steinen bis hin zur Findlingsgröße übersät und weisen keine oder nur wenige Sandstrandanteile auf. Sie liegen unterhalb von Steilufern, aus denen im Laufe der Zeit die Steine herausgepurzelt sind und immer noch purzeln. Dort, wo die die Steilküsten inaktiv sind, also vom Wasser nicht mehr erreicht werden, siedeln sich viele verschiedene Pflanzen an. Derartige Blockstrände findet man auf Fischland, Darß, Zingst nicht. Bei Nord- und Weststrand handelt es sich um Flachstrände. Sie bestehen aus feinstem, weißen Sand mit keinen oder wenigen Steinen und befinden sich zwischen dem Meer und den Dünen.

Der Darßer Weststrand ist wie der Nordstrand ein Flachstrand. Flachstrände bestehen aus Sand und liegen zwischen dem Meer und den Dünen.
Der Darßer Weststrand ist wie der Nordstrand ein Flachstrand. Flachstrände bestehen aus Sand und liegen zwischen dem Meer und den Dünen.
Blockstrände wie dieser auf Rügen bestehen aus Steinen und befinden sich am Fuß inaktiver Steilufer. Solche Strände gibt es auf dem Darß nicht.
Blockstrände wie dieser auf Rügen bestehen aus Steinen und befinden sich am Fuß inaktiver Steilufer. Solche Strände gibt es auf dem Darß nicht.

Die Pflanzen der Flachstrände gedeihen dort, wo von den Stürmen angespültes, organisches Material (Blasentang, Seegras, Holz und tote Tiere) liegen bleibt. Denn in eben diesem Gemisch befinden sich die Samen der Strandpflanzen. Die Stürme häufen kleine Materialwälle an, die ideale Bedingungen für das Keimen der Samen bieten, zum Beispiel Nahrung in Form von verrottendem Pflanzenmaterial und halbwegs festen Boden unter den Wurzeln. Übrigens: Dort, wo Strände täglich gesäubert und geharkt werden, damit sich der Zweibeiner wohlfühlt, wird man keine Strandpflanze finden.

Dort, wo die Strände täglich gesäubert und geharkt werden, damit sich Zweibeiner wohlfühlen, können Strandpflanzen nicht leben.
Dort, wo die Strände täglich gesäubert und geharkt werden, damit sich Zweibeiner wohlfühlen, können Strandpflanzen nicht leben.

Die im Frühling keimenden Pflanzen zeichnen quasi den Spülsaum der Winterstürme nach. Oft finden sich dort auch Kulturpflanzen wie Tomaten oder Zwiebeln. Ihre Anwesenheit ist durch ins Meer geworfene Abfälle oder Hinterlassenschaften der Badegäste zu erklären. Ein Flachstrand ist ein Lebensraum der Extreme. Wellen, Wind, Nährstoffarmut, Hitze, Trockenheit und nicht zuletzt der Salzgehalt des Ostseewassers stellen eine riesige Herausforderung für die dort lebenden Pflanzen dar. Um diese Herausforderungen zu meistern, hat jede Pflanze ganz eigene Strategien entwickelt. Die Salzmiere zum Beispiel verringert durch dickfleischige Blätter die Verdunstungsoberfläche und beugt so der Austrocknung vor. Die Strand-Melde besitzt feinste Blasenhärchen auf den Blättern, in die das Salz gepumpt wird, bis sie voll sind und sich von der Pflanze lösen. Der Name "Melde" stammt übrigens von "Mehlde", denn die Blasenhärchen wirken auf den Blättern optisch wie Mehlstaub. Die Stranddistel - eine der seltensten Pflanzen Deutschlands - gedeiht sowohl in den Randbereichen der Flachstrände als auch in Weißdünen. Sie bildet eine bis zu 2 Meter lange Wurzel aus, um im losen Sand Halt zu finden. Eine wachsartige Schicht auf den Blättern hält das Wasser zurück und verhindert das Austrocknen.

Die Stranddistel (Eryngium maritimum) bildet eine bis zu 2 Meter lange Pfahlwurzel aus, um im losen Sand Halt zu finden, 21.06.2015, Ahrenshoop/Mecklenburg-Vorpommern.
Die Stranddistel (Eryngium maritimum) bildet eine bis zu 2 Meter lange Pfahlwurzel aus, um im losen Sand Halt zu finden, 21.06.2015, Ahrenshoop/Mecklenburg-Vorpommern.
Kulturpflanzen am Strand wie diese Tomate gehören nicht zur natürlichen Strandflora und sind auf die Abfälle der Menschen zurückzuführen, 10.09.2024, Darßer Nordstrand/Mecklenburg-Vorpommern.
Kulturpflanzen am Strand wie diese Tomate gehören nicht zur natürlichen Strandflora und sind auf die Abfälle der Menschen zurückzuführen, 10.09.2024, Darßer Nordstrand/Mecklenburg-Vorpommern.

Auch bei der Verbreitung ihrer Samen lassen sich Strandpflanzen allerhand einfallen. Der einjährige europäische Meersenf glänzt mit besonderem Einfallsreichtum und verlässt sich bei der Samenverbreitung nicht allein auf die Ostseewellen und den Wind. Aus jeder seiner Samenschoten fällt nur die Hälfte auf den Boden und wird irgendwann vom Wasser fortgetragen, um an anderer Stelle zu keimen. Die andere Hälfte verbleibt in der Schote an der Mutterpflanze und wird im darauffolgenden Jahr genau dort keimen, wo die Mutterpflanze stand, die noch dazu ihre verrottenden Überbleibsel als Nahrung für den Nachwuchs zur Verfügung stellt. Ganz schön schlau oder?!

Flachstrände sind ein extremer Lebensraum auf Zeit und unterliegen stetiger Veränderung.
Flachstrände sind ein extremer Lebensraum auf Zeit und unterliegen stetiger Veränderung.

Viele Strandpflanzen gehören nicht zu schönsten Gewächsen unter dem Ostseehimmel, das muss man zugeben, wohl aber zu den interessantesten, finde ich jedenfalls. Gesagt sei auch, dass Strandpflanzen eine wichtige Rolle im Ökosystem spielen. Wer den Strandpflanzen Aufmerksamkeit widmet, wird schnell feststellen, dass einige von ihnen Insektenmagneten sind, die Hummeln, Bienen und Schmetterlinge anziehen. Für Schmetterlinge wie die Strand-Erdeule sind Strandpflanzen sogar überlebenswichtig, denn einige stellen die ausschließliche Nahrungsquelle für ihre Raupen dar. Auch Rot- und Rehwild fressen zum Beispiel gern Europäischen Meersenf, wie man anhand der Spuren und abgefressenen Pflanzen am Nordstrand sehen kann. Im Herbst und Winter wiederum sind viele Zugvögel oder Überwinterungsgäste auf die Samen der Strandpflanzen angewiesen. Schneeammern zum Beispiel sieht man regelmäßig beim Fressen der Strandpflanzensamen. Und nicht zuletzt sei gesagt, dass viele Strandpflanzen auch für den Menschen essbar sind, aber in Schutzgebieten und überhaupt da bleiben sollten, wo sie nunmal sind. Sooo. Abschließend möchte ich noch sagen, dass meine Sammlung der Darßer Strandpflanzen noch nicht sehr umfangreich ist. Was daran liegt, dass ich leider nicht zu jeder Jahreszeit vor Ort sein kann. Aber ich denke, da wird mit der Zeit noch so einiges dazu kommen.

Blühende Strandpflanzen wie der Europäische Meersenf sind ein Insektenmagnet, zum Beispiel für Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge.
Blühende Strandpflanzen wie der Europäische Meersenf sind ein Insektenmagnet, zum Beispiel für Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge.
Für Wintergäste wie die Schneeammer stellen die Samen der Strandpflanzen eine wichtige Nahrungsquelle dar.
Für Wintergäste wie die Schneeammer stellen die Samen der Strandpflanzen eine wichtige Nahrungsquelle dar.

Die Pflanzen am Ostseestrand

Im September 2024 traf ich am Prerower Nordstrand unzählige rötliche bis rote Pflanzen an, bei deren Bestimmung ich ins Stutzen kam. Auf den ersten Blick hielt ich sie für Spieß-Melden, obwohl ich sie derart rot nicht kannte. Nach reichlichem Wälzen von Literatur sind es für mich immer noch Spieß-Melden, deren rote Färbung auf Sonnen- und Salzwasserstress zurückzuführen ist. Damit Sie wissen, wie die Spieß-Melde normaler Weise aussieht, gibt ein Foto von Rügener Gewächsen. Der Name "Spieß-Melde" bezieht sich übrigens auf die Blattform der Pflanze.

Weitere Informationen über die Natur an der Ostseeküste finden Sie auf folgenden Seiten: