Die Vogelwelt am Darßer Ort ist unglaublich artenreich. Die Vogelarten dieses Gebiets könnten ein dickes Buch oder diverse Internetseiten füllen, denn über jede Art gäbe es eine Menge Wissenswertes und Interessantes zu erzählen. Wie bei den Pflanzen am Darßer Ort verhält es sich allerdings auch hier: Es kann nur ein geringer Teil jener Vögel gezeigt werden, die Ihnen am Rundwanderweg Darßer Ort über den Weg flattern können. Sie werden quasi auf Schritt und Tritt den gefiederten Gesellen begegnen - im Geäst der Bäume und Büsche, im Schilf, am Wegesrand, am Strand und/oder Spülsaum der Ostsee, am Himmel ... Das Gezwitscher, Geschnatter, Geschrei, Sirren und Zirpsen, Krächzen und Piepen wird eine lautstarke, vielfältige Untermalung Ihres Spaziergangs abgeben. Naja, zumindest vom Frühling bis in den Herbst. Im Winter wird es etwas ruhiger, aber nur etwas. Denn der Darßer Ort ist nicht nur Heimat ganzjährig dort lebender Vögel, sondern ebenso Rast- und Überwinterungsgebiet diverser Arten aus dem nördlichen Europa. Das heißt, es gibt Dauerbewohner und Sommergäste, Durchzügler und Wintergäste. Alle zusammen ergeben die oben bereits erwähnte Vielfalt und machen den Darßer Ort zu jeder Jahreszeit zu einem Vogelerlebnis. All jenen, die sich für die Vogelwelt am Darßer Ort interessieren, seien die Führungen der Rangerinnen und Ranger ans Herz gelegt: Sie kennen sich um ein Vielfaches besser aus als ich. Informationen über Rangerführungen am Darßer Ort finden Sie unter "Meine Tipps für eine Wanderung am Darßer Ort".
Zu den häufigen Singvögeln am Darßer Ort gehören Haubenmeise und Buchfink. Beide Vogelarten können das ganze Jahr über beobachtet werden. Als Vogel, der an die Samen von Nadelbäumen als Hauptnahrungsquelle gebunden ist, turnt die zierliche Haubenmeise in den Zweigen der Waldkiefern herum oder sucht in den Polstern der Rentierflechten nach herabgefallenen Samen. Unabdingbar sind außerdem alte Bäume, denn die Haubenmeise brütet in verlassenen Spechthöhlen, Astlöchern oder selbst gezimmerten Bruthöhlen. Selbstgezimmerte Bruthöhlen? Ja, das ist etwas, was man der Haubenmeise mit ihrem kleinen Schnabel gar nicht zutraut, aber es ist wahr. Der Buchfink hingegen brütet im Geäst von Büschen und Bäumen, wo das Weibchen ein kunstvolles Nest aus Gräsern, Moosen und Federn baut. Zur Brutzeit bietet insbesondere das farbenprächtige Männchen einen grandiosen Anblick und sein Balzgesang erschallt im gesamten Gelände. In den Wintermonaten schließen sich Buchfinken meist zu größeren Trupps zusammen, die am Boden auf Nahrungssuche gehen. Auf dem Speiseplan der Buchfinken stehen diverse Samen und Beeren sowie Insekten - alles reichlich am Darßer Ort vorhanden. Sind die Winter lang und hart, ziehen aber auch Buchfinken in andere Gegenden ab. Im Frühherbst werden die Vögel magisch von den leuchtend roten Beeren des Waldgeißblattes angezogen, die als teilweise stattliche Gewächse an den Waldkiefern emporranken. Menschen sollten übrigens tunlichst die Finger von den Geißblattbeeren lassen, denn für unsereins sind sie giftig. Hin und wieder trifft man einzelne Buchfinken außerdem an den Aussichtsplattformen und Rastplätzen, wo sie sich wie die Berliner Spatzen wenig scheu verhalten und auf ein Zubrot von den Zweibeinern hoffen.
Haubenmeise und Buchfink sind also Ganzjahresvögel. Andere jedoch verbringen lediglich die Zeit der Brut und Jungenaufzucht am Darßer Ort zum
Beispiel der Neuntöter und die Klapper- sowie Mönchsgrasmücke, der Pirol, der Teichrohrsänger, das Schwarzkehlchen oder die Bachstelze. Während die Grasmücken zu jenen Vögeln gehören, die man zur
Balzzeit zwar bestens hört, aber nur selten zu Gesicht bekommt, können Neuntöter in unmittelbarer Nähe zum Rundwanderweg gut beobachtet werden. Auch die Rauchschwalbe, die in einem der Aussichtstürme am Libbertsee ihr kunstvolles Nest baut, hält sich nur vom Frühjahr bis zum Spätsommer am Darßer
Ort auf, wo sie über den Schilfröhrichten auf Insektenjagd geht.
Im Herbst, wenn viele Zugvögel auf dem Weg nach Süden oder Westen am Darßer Ort rasten, zeigt sich die Vogelwelt besonders artenreich. Dort, wo es viele Beerensträucher gibt, gesellen sich zu den am Darßer Ort brütenden Mönchsgrasmücken zum Beispiel Artgenossen aus dem Norden, um sich für den weiteren Flug in ihre Überwinterungsgebiete zu stärken. Von Frühjahr bis Spätsommer fressen Mönchsgrasmücken vor allem tierische Nahrung - Insekten, Raupen, Spinnen ... Zur Vorbereitung auf ihren langen Zug und aus Mangel an Insekten steigen sie im Herbst auf zuckerhaltige Beeren um, die sie schnell an Gewicht zulegen lassen.
Andere wiederum wandern aus nördlichen Gefilden ein und verbringen den Winter am Darßer Ort, solange sie dort noch Nahrung finden. Erlen- und Birkenzeisige, Rot- und Wacholderdrosseln, Goldammern, Wintergoldhähnchen - sie seien stellvertretend für alle genannt. Mit ganz viel Glück kann man in den Wintermonaten Polarbirkenzeisige entdecken oder den Raubwürger, bei dem es sich um einen Verwandten des Neuntöters handelt und der kleine Singvögel fängt. Ein besonderes Ereignis ist der winterliche Einflug der bunten Seidenschwänze aus den skandinavischen Gegenden. Mal kommen sie in Massen, mal eher in kleinen Trupps, aber sie kommen immer und sind vorzugsweise dort zu finden, wo es Beeren wie die des Weißdorns, des Ligusters oder der Eberesche gibt. Leider habe ich kein Foto, welches Seidenschwänze vom Darßer Ort zeigt. Deshalb muss es ausnahmsweise ein Foto aus Barth tun. Für mich gibt es in den Wintermonaten außerdem noch einen ganz besonderen Höhepunkt: die Schneeammern. Wenn ich in den Wintermonaten auf dem Darß weile, stapfe ich immer los, um Schneeammern zu suchen - zierliche Vögel aus dem hohen Norden, die meist in Schwärmen am Strand nach Nahrung suchen. Ich bin zwar noch nie wirklich nah an die ausgesprochen schönen Vögel herangekommen, aber das macht nix. Ich freue mich einfach darüber, dass sie da sind. Tja. Und letztendlich gibt es noch die, die wie die Haubenmeise und der Buchfink immer da sind: Amseln, Zaunkönige, Rotkehlchen zum Beispiel. Sie wandern nur in strengsten Wintern aus ihren Revieren ab.
Zur Familie der Entenvögel gehören nicht nur Enten wie die allseits bekannte Stockente, sondern auch Schwäne und Gänse. Schwäne sind am Darßer Ort häufig zu sehen, und zwar Höckerschwan und Singschwan. Während der Höckerschwan ganzjährig anzutreffen ist und seinen Nachwuchs in den Schilfgebieten am Rundwanderweg großzieht, hält sich der Singschwan nur ungefähr vom Spätherbst bis in den Vorfrühling am Darßer Ort auf. Singschwäne sind Zugvögel, deren Brutgebiete hauptsächlich in Sibirien liegen. In den Wintermonaten können beide Arten oft zusammen beobachtet werden, zum Beispiel auf dem Libbertsee. Wenn Sie bei Ihrer Wanderung am Darßer Ort trompetenartige Rufe vernehmen, sollten Sie den Blick in den Himmel richten, denn dann sind Singschwäne im Anflug. Die eleganten Vögel kommunizieren unablässig miteinander. Vom Höckerschwan unterscheidet sich der Singschwan nicht nur dadurch, dass er sich nur im Winter in Deutschland aufhält. Erkennungsmerkmale sind außerdem seine zierlichere, schlanke Gestalt und sein Schnabel, der im Gegensatz zum rötlichen bis rötlichbraunen Schnabel des Höckerschwans leuchtend gelb mit schwarzer Schnabelspitze ist. Außerdem fehlt ihm der charakteristische, namengebende Höcker an der Schnabelbasis des Höckerschwans. Übrigens: Auch fliegende Höckerschwäne kündigen sich durch eine recht laute Geräuschkulisse an. Ein Höckerschwan kann immerhin ein Gewicht von 13 Kilogramm erreichen und seine kraftvollen Flügelschläge sind weithin vernehmbar.
Auch bei den Gänsen verhält es sich so, dass die Graugans beispielsweise ganzjährig beobachtet werden kann und im Gebiet brütet, während Bläss- und Weißwangengans (die wegen ihrer weißen
Kopfzeichnung auch "Nonnengans" genannt wird) lediglich Wintergäste sind. An ruhigen Herbsttagen, also wenn nur wenige Menschen unterwegs sind, kann man mit viel Glück hunderte Weißwangengänse
dabei beobachten, wie sie die Beeren der Schwarzen Krähenbeere vertilgen. Graugänse wiederum sind am Darßer Ort allgegenwärtig. Selbst wenn man sie nicht sieht, gibt ihr Geschrei und Gezeter im
Schilf Auskunft darüber, dass sie da sind. Insbesondere in den Vogelzugzeiten ist die Luft am Darßer Ort vom Rufen der verschiedenen
Gänsearten erfüllt, die unablässig am Himmel über dem Darßer Ort unterwegs sind. Im Frühling ruft diese Geräuschkulisse die Vorfreude auf den Frühling in uns hervor, im Herbst werden wir
angesichts des bevorstehenden Winters irgendwie wehmütig - so geht es mir jedenfalls.
Sooo. Falls sich jetzt jemand fragt, warum ich bisher kaum ein Wort über Enten verloren habe: Am Darßer Ort gibt es derart viele Entenarten,
dass die Aufzählung den Umfang dieser Seite sprengen würde. Stellvertretend für alle seien Stockente, Reiherente,
Bergente, Spießente und
Krickente genannt. In den Wintermonaten halten sich die Enten meist auf der Ostsee oder anderen Wasserflächen wie
den Otto- oder Libbertsee auf. Bis auf den Bereich der Einfahrt zum ehemaligen Nothafen und dem inzwischen renaturierten Wasserbereich sind sie - wenn überhaupt - nur mit dem Fernglas zu
beobachten. Auf jeden Fall aber ist es ein wunderbares Schauspiel, wenn sich tausende Reiher- und Bergenten in riesigen Schwärmen auf der Ostsee versammeln.
Limikolen werden auch als Regenpfeiferartige oder Watvögel bezeichnet. Zu ihnen gehören sehr viele, sehr unterschiedliche Vogelfamilien und -gattungen, zum Beispiel Möwen und Seeschwalben, Schnepfenvögel, Regenpfeifer, Austernfischer und und und. Limikolen sind eine Wissenschaft für sich, das kann man nicht anders sagen und viele der am Darßer Ort vorkommenden Arten lassen das Herz eines jeden Vogelinteressierten höher schlagen. Schließlich sehen jene Menschen, die nicht an der Küsten wohnen (wie meinereine), Vögel wie Pfuhl- und Uferschnepfe, Großen Brachvogel, Grün- und Rotschenkel oder Flussregenpfeifer, Alpenstrandläufer und Knutt nicht alle Tage. Das ist neben der vielgestaltigen Federkleider ein Grund dafür, dass mir die Limikolenbestimmung oft arge Schwierigkeiten bereitet, aber das nur nebenbei. Auf jeden Fall betrachte ich es als ausgesprochenes Glück, bei meinen Wanderungen am Darßer Ort Austernfischern zu begegnen oder gar einem Großen Brachvogel - selbst dann, wenn die Fotos oft nicht optimal sind, weil es entweder zu düster ist oder die Vögel zu weit entfernt sind. Wer Limikolen am Rundwanderweg erleben möchte, sollte vor allem am Libbertsee Ausschau halten. Von den beiden Aussichtsplattformen aus haben Sie beste Chancen, verschiedene Arten zu entdecken. Hervorragende Beobachtungsmöglichkeiten bieten sich außerdem in der Nähe des ehemaligen Nothafens. Der Spülsaum und die Sandbänke bieten vielen Limikolen optimale Nahrungs- und Rasthabitate, insbesondere in den Wintermonaten und den Vogelzugzeiten. Wenn ein steifer Nordost- oder Ostwind weht und bergeweise Muscheln und Wasserpflanzen an den Strand gespült wurden, ist es für Sie zwar ziemlich ungemütlich, aber die Mühe dürfte sich lohnen. Austernfischer sind hier beispielsweise im November regelmäßige Gäste - meist handelt es sich um Jungvögel aus dem letzten Jahr oder zweijährige Tiere (erkennbar am roten Schnabel mit dunkler Spitze bzw. dem gelb- bis orangefarbigen Schnabel).
Zu den häufigsten Limikolen nicht nur am Darßer Ort, sondern an allen Stränden der Halbinsel Fischland, Darß, Zingst gehören Sanderlinge. Kleine Flitzer, die meist in recht großen Gruppen am Spülsaum der Ostsee nach Nahrung suchen und dabei flink umher tippeln. Sanderlinge sind Wintergäste, deren Brutareale im hohen Norden liegen, zum Beispiel auf Spitzbergen.
Mit ein wenig Glück und jeder Menge Geduld, lassen sich im Gebiet noch viele andere Limikolen sichten. Die langschnäbeligen Pfuhlschnepfen zum Beispiel oder Alpenstrandläufer und Dunkle Wasserläufer, die in ihren unterschiedlichen Federkleidern gar nicht so leicht zu bestimmen sind.
Zu den absoluten Seltenheiten gehören die Flussregenpfeifer, die mangels geeigneter und ungestörter Brutmöglichkeiten kaum noch zu entdecken sind. Das nachfolgende Bild vom Nistplatz ist gute 10 Jahre alt und wurde aus sehr großer Entfernung aufgenommen, um die Vögel nicht zu stören.
Heute unterliegen die Nester der Flussregenpfeifer, die sich nicht in der Kernzone befinden (die für Menschen absolut tabu ist), besonderen Schutzmaßnahmen durch die Rangerinnen und Ranger. Deshalb ein Wort an alle fotografierenden Menschen: Bitte respektieren Sie die Maßnahmen, zu denen auch Absperrungen gehören. Kein Foto ist es wert, diese seltenen Vögel zu stören und so möglicher Weise einen Bruterfolg zunichte zu machen. Das, was für die Flussregenpfeifer gilt, gilt selbstverständlich gleichermaßen für alle anderen Lebewesen am Darßer Ort, im gesamten Nationalpark und überhaupt. Denken Sie daran, dass Sie lediglich Gast in einem sensiblen, vielfältigen Lebensraum sind, der einen hohen Schutzstatus genießt und vielen vom Aussterben bedrohten Tieren und Pflanzen Rückzugsmöglichkeiten bietet. Halten Sie sich zwingend an die Regeln, seien Sie respektvoll und genießen Sie das, was die Natur Ihnen an Erlebnissen bietet. Meine Devise ist, lieber auf ein Foto zu verzichten als ein Lebewesen zu stören und ich hoffe, Sie halten es genauso. Gesagt sei, dass die Nationalpark-Regeln natürlich nicht nur für fotografierende Menschen gelten, sondern für alle, die sich in diesem Gebiet aufhalten.