Mitten im Darßwald - quasi auf der Grenze zwischen Neu- und Altdarß - befindet sich der Wanderweg "Alter Mecklenburger Weg". Das heißt, wenn Sie den Wanderweg vom g-Gestell kommend ablaufen, befinden Sie sich stets auf dem Altdarß und blicken rechts auf den Neudarß. Auf dem obigen Bild sehen Sie links den mit Rotbuchen bewachsenen Altdarß, während rechts die Freifläche der Buchhorster Maase durchschimmert, die auf dem Neudarß liegt. Übrigens: Wer sich für die geologischen Unterschiede von Alt- und Neudarß interessiert, ihre Entstehung, die dort beheimatete Flora und Fauna, die frühere Nutzung des Darßwaldes usw., dem sei an dieser Stelle die Startseite "Im Darßwald - Überblick über das Gebiet" empfohlen.
Sie durchschreiten zunächst erhabene Rotbuchenbestände, die in eine Monokultur aus Waldkiefern mit Massenbeständen des Adlerfarns übergehen, je näher Sie dem k-Gestell kommen. Ungefähr in der Mitte des Wanderweges passieren Sie ein stattliches Jagdhaus, an dessen Wänden sich Informationstafeln über die Geschichte des Gebiets, des Jagdhauses sowie die Entstehung der Buchhorster Maase befinden. Unmittelbar dahinter befindet sich linkerhand ein Rastplatz, an dem es sich inmitten herrlichster Natur vortrefflich pausieren lässt. Kurz darauf passieren Sie einen Querweg und werden feststellen, dass sich der Wanderweg von jetzt an nicht unbedeutend über das restliche Gelände erhebt. Wenn Sie sich nun vorstellen, es gäbe am Fuß der Erhebung keinen Wald und es würden stattdessen rauschende Ostseewellen anbranden, wissen Sie, wie es hier vor ca. 3.000 Jahren aussah. Sie befinden sich nämlich auf einem ehemaligen Steilufer, das einst am Ufer der Ostsee lag. Unweit des Jagdhauses liegt außerdem mit ca. 10,5 m der höchste Punkt des Darßwaldes. Für mich ist der Alte Mecklenburger Weg der schönste Weg durch den Darßwald und ich mache aus meinem Besuch beim alten Meeresufer immer eine Tagestour: Prerow - Langseer Weg - g-Gestell - Alter Mecklenburger Weg - k-Gestell - Langseer Weg - Prerow. Diese Tour führt an unterschiedlichsten Waldtypen vorbei, ermöglicht dem Wanderer einen umfassenden Einblick in die Landschaft des Darßwaldes, seine Flora und Fauna und wird vom Erleben des fossilen Steilufers gekrönt.
Bevor ich nun auf die Natur eingehe, muss ich erst einmal ein paar Worte an die Radfahrer unter Ihnen loswerden: Der Wanderweg "Alter Mecklenburger Weg" ist für Radfahrer gesperrt, um das
einmalige Zeugnis der Darßer Erdgeschichte vor Schädigung und Erosion zu bewahren. Das fossile Steilufer liegt nämlich nicht nur in einem Nationalpark, sondern trägt außerdem den Titel
"Geschütztes Geotop". Das macht deutlich, dass es sich um ein außergewöhnliches und sehr sensibles Stück Erde handelt, welches dementsprechend respekt- und rücksichtsvoll behandelt werden muss.
Gesagt sei, dass Sie keine erholsame Fahrradtour erleben werden, falls Sie sich über das Verbot hinwegsetzen, denn die Strecke ist tatsächlich nicht mit Fahrrädern passierbar. Sie sollten
außerdem mit damit rechnen, dass Sie einem Ranger begegnen, der über Ihre Zweiradaktivitäten nicht begeistert sein wird (und auch nicht glauben wird, dass Sie kein Verbotsschild gesehen haben,
denn denn das unübersehbar). Sooo. Das musste sein. Das Besondere am "Alten Mecklenburger Weg" ist nicht nur seine einmalige geologische Geschichte. Nein, es sind auch und vor allem die
Rotbuchenbestände, unter denen sich viele in die Jahre gekommene, bizarre Baumpersönlichkeiten befinden. Manche der Baumriesen wirken von Weitem wie bemalt. Tatsächlich tragen Sie ein Gewand aus
verschiedenen weißen und grauen Flechten sowie grünen Moosen unterschiedlichster Struktur auf der Baumrinde, deren Namen mir allerdings bisher verborgen geblieben sind. Einige der Baumrecken
haben den Kräften der Natur irgendwann nicht mehr standgehalten. Überall liegen Baumstämme und Äste auf dem Boden. Der Wald strotzt nur so vor Totholz - ein wahres Eldorado für Pilze und andere
Totholzbewohner.
In feuchten, milden Herbstmonaten fällt dem Wanderer zuerst der Buchen-Schleimrübling ins Auge, der in Massen die Bäume und das
Totholz mit seinen weißen bis cremefarbenen Hüten verziert. Es ist unglaublich, wieviele dieser Pilze an einer einzigen Buche erscheinen können. Daneben lassen sich verschiedene
Kohlenbeeren, Austernseitlinge und Goldfell-Schüpplinge entdecken. Leuchtend gefärbte Fleischrote Gallertbecher sowie Violette
Knorpelschichtpilze zaubern überraschend kräftige Farbtupfer auf die Stämme der gefallenen Riesen. In der Laubstreu zeigen
sich Gruben-Lorchel und Gelbstieliger Trompetenpfifferling. Je näher man dem k-Gestell kommt, um so mehr mischen sich Waldkiefern unter die
Rotbuchen und es tauchen vereinzelt Pilzgesellen wie die Krause Glucke oder der Mäuseschwanz-Rübling auf, dessen
winzige Hütchen aus herabgefallenen Kiefernzapfen sprießen. Die Pilzvielfalt am alten Meeresufer ist einmalig und manchmal weiß man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Das
Totholz sorgt im Verbund mit den alten Bäumen auch dafür, dass am alten Meeresufer viele Vögel Nahrung und Nistmöglichkeiten finden. Inbesondere jene Vögel, die auf Bäume für den Höhlenbau
angewiesen sind: Bunt- und Schwarzspecht erzeugen mit ihren charakterischen Rufen und dem unverkennbaren Spechttrommeln eine lautstarke
Geräuschkulisse. Unablässig suchen Kleiber Baumstämme und Äste nach Nahrung ab und
lassen dabei ihre hohen und durchdringenden Rufe erschallen.
Wer am alten Meeresufer auf Tierbeobachtungen aus ist, sollte seinen Blick außerdem immer wieder auf die Buchhorster Maase richten. Rot- und Rehwild steht nicht selten auf der Freifläche und äst. Ab und zu schnürt ein Rotfuchs seiner Wege und scheucht einen auf der Wiese nach Nahrung suchenden Graureiher auf, während eine Rotte Wildschweine den Boden nach Insektenlarven oder schmackhaften Wurzeln durchwühlt. Am Himmel kreisen Mäusebussarde und in den Vogelzugzeiten gesellen sich Raufußbussarde und Rotmilane dazu. Mit viel Glück können Sie sogar die majestätischen Seeadler über die Buchhorster Maase ziehen sehen. An dieser Stelle sei gesagt, dass in jedem Herbst auf der über 50 ha großen Buchhorster Maase Rothirsche ihre Brunft abhalten - es wird geröhrt und gekämpft, was die Stimmbänder, das Geweih und die Beine hergeben. Allerdings kann die Hirschbrunft auf der Buchhorster Maase nicht von jedermann beobachtet werden. Damit das Rotwild ungestört ist, wird das Gelände rings um die Buchhorster Maase weiträumig abgesperrt, darunter auch der "Alte Mecklenburger Weg". In der Brunftzeit zwischen Mitte September und Mitte Oktober sind Beobachtungen ausschließlich unter Führung für einen begrenzten Personenkreis erlaubt und zudem kostenpflichtig. Das heißt, man muss sich anmelden. Wo, das erfahren Sie in der Rubrik "Hilfreiche Links". Und: Wer meint, auf den Veranstaltungen an der Buchhorster Maase Fotos von der Hirschbrunft machen zu können, der irrt. Das Fotografieren ist während der Veranstaltungen ausdrücklich verboten. Ich für meinen Teil finde es etwas befremdlich, dass die Hirschbrunft in einem Nationalpark zum Geldverdienen genutzt wird, und zwar nicht einmal vom Nationalpark selbst. Aber jut, das ist nur meine bescheidene Meinung. Die Hirschbrunft lässt sich übrigens auch an anderen Plätzen bestens beobachten, zum Beispiel von den Aussichtsplattformen am Darßer Ort oder Pramort. Und das kostenlos und unter Führung eines kundigen Rangers, wenn man sich nicht allein rumtreiben möchte. Fotografieren ist hier kein Problem, solange man die Wege nicht verlässt und die Tiere nicht stört. Aber das nur nebenbei.
Neben dem Bestaunen des Meeresufers, der urigen Bäume, Pilze und Tiere sei jedem das bewusste Erleben des permanten Werdens und Vergehens an Herz gelegt. An nur wenigen Orten im Darßwald wird einem derart eindringlich vor Augen geführt, dass nichts für die Ewigkeit ist und Altes immer irgendwann Neuem Platz machen muss. Aber auch, dass das Gedeihen des Neuen stets auf das Alte angewiesen ist. Junge Fichten recken sich aus umgestürzten, pilzbesetzen Stämmen dem Licht entgegen und Rotbuchennachwuchs sprießt aus dem abgestorbenen Holz seiner Ahnen. Andere Lebewesen führen im Totholz ein verborgenes Dasein: Mikroorganismen und Pilze beispielsweise. Insekten, Käfer und Spinnen hingegen können dann und wann beobachtet werden. In Wäldern mit viel Totholz tobt das Leben. Und zwar nicht nur in jenem Totholz, das auf dem Boden gelandet ist. Insbesondere für diverse Fledermausarten oder Siebenschläfer sind noch stehende, abgestorbene oder abgebrochene Bäume Zuflucht und Winterquartier. In manchen Baumhöhlen findet der Waldkauz ein Zuhause. Es lohnt sich, die alten Baumriesen - egal, ob sie noch stehen oder umgestürzt sind - eine Weile genauer in Augenschein zu nehmen. Je länger Sie hinschauen, umso mehr werden Sie entdecken.Obwohl der gesamte Alte Mecklenburger Weg zu meinen Lieblingsstrecken im Darßwald gehört, mag ich den Teil nach dem Jagdhaus bis zum Beginn der Waldkiefer-Monokulturen besonders. Bei jedem Besuch bin ich vom Anblick des fossilen Meeresufers mitten im Wald aufs Neue beeindruckt. Und im Herbst, wenn sich das Laub der Buchen goldgelb bis rötlich verfärbt und die Sonne den Wald zum Leuchten bringt, entstehen wunderbare Momente und Stimmungen, die mich verzaubert innehalten lassen. Die Düfte des Waldes nach feuchtem Laub, Holz und Pilzen wecken Kindheitserinnerungen an fröhliche, unbeschwerte Tage im Wald in mir. An Stunden voller Freude über gefundene Maronen und Steinpilze ... einem Picknick am Waldrand in der noch wärmenden Herbstsonne ... umrahmt vom Rufen der nach Süden ziehende Kraniche und Gänse, die einen Hauch von Wehmut aufkommen lassen ... Ein Gefühl der Vertrautheit macht sich in mir breit. Ich fühle mich wohl an diesem Ort. Sehr wohl sogar. Vielleicht sollte ich noch sagen, dass es mich noch nie im Frühling oder Sommer auf den Alten Mecklenburger Weg verschlagen hat. Irgendwie war es immer Herbst oder Winter. Ich bin mir jedoch absolut sicher, dass es dort zu jeder Jahreszeit einfach wunderschön ist. Also: Egal, zu welcher Jahreszeit Sie dem alten Meeresufer einen Besuch abstatten und egal, was Ihnen besonders gefällt oder imponiert, genießen Sie den Aufenthalt an diesem besonderen Ort mit seiner ganz eigenen Atmosphäre. Lassen Sie die Seele baumeln und Ihre Blicke schweifen. Ein Steilufer mitten im Wald - das erleben Sie nicht alle Tage.
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Zu den auffälligsten und häufigsten Pilzen im Darßwald gehören die Kohlenbeeren (Hypoxylon). Nicht nur am alten Meeresufer überziehen die eigenartigen Schlauchpilze oft tote Stämme und dicke Äste
der Rotbuche (Fagus sylvatica). Aber aufgrund des vielen Totholzes fallen sie einem hier besonders oft ins Auge. Ich stehe ziemlich häufig total fasziniert vor solch
einem Stamm und staune über die Gebilde, die dieser Pilz kreiert. Leider bin ich im Pilzebestimmen nicht so fit, dass ich die unzähligen Kohlenbeerenarten auseinander halten könnte, aber zeigen
möchte ich Sie dennoch. Die Fotos zeigen Kohlenbeeren auf Rotbuche in verschiedenen Altersstadien.