Wustrow und seine Umgebung haben für jeden etwas zu bieten. Am Strand liegen, im Meer baden, durch den Ort bummeln, Essen und Trinken, Kunst genießen und kaufen, Zeestboot fahren, an der Boddenküste wandern und die Weite der Landschaft erleben, Tiere und Pflanzen entdecken - alles ist möglich. Wustrow ist der größte Ort auf dem Fischland und liegt zwischen Ostseeküste und Saaler Bodden. (Wer mehr über die drei Teile der Halbinsel wissen möchte, sollte sich die Seite "Wanderungen auf Fischland, Darß, Zingst - Überblick über das Gebiet" zu Gemüte führen.)
Ich bin gern in Wustrow. Oder besser: in seinem Drumherum. Denn im Ort halte ich mich meist nur kurz auf, obwohl es einige lauschige Ecken gibt. In Wustrow sieht übrigens Vieles alt aus, ist es aber fast nie. Zwar finden sich bereits 1385 erste Hinweise auf Wustrow, auf den Vorgänger de Wostrowe sogar 1235, aber 1869 machte ein Brand nahezu den gesamten Ort dem Erdboden gleich. Deshalb sind historische, alte Gebäude in Wustrow rar gesät. Sehenswert ist zum Beispiel das bäuerliche Hochdielenhaus in der Sackgasse 5 aus dem Jahr 1805. Wer sich für derartige Dinge interessiert, kann also beim Erkunden des Ortes durchaus fündig und glücklich werden. Mir reicht in der Regel ein Spaziergang zur Seebrücke, denn es sind einfach zu viele Menschen in Wustrow unterwegs. Jedenfalls für meinen Geschmack. Um Wustrows Drumherum zu erkunden, müssen Sie sich zunächst zur weithin sichtbaren Kirche begeben und links in die Hafenstraße einbiegen. Weniger Meter weiter blicken Sie rechts auf den Hafen mit einem (kostenpflichtigen) Parkplatz davor. Falls Sie in den Sommermonaten in Wustrow weilen, sollten Sie unbedingt ein paar Blicke auf das links liegende Grundstück werfen, bevor Sie Ihre Wanderung fortsetzen. Der Garten mit den vielen Pflanzen und der kreativen Feuersteindekoration ist schlichtweg eine Augenweide. Weiter gehts am Hafenparkplatz vorbei bis zur nächsten Weggabelung. Hier biegen Sie rechts auf den Barnstorfer Weg ein. Folgen Sie der weiß-rot-weißen Wanderwegmarkierung.
Links von Feldern und rechts vom Bodden begleitet gelangen Sie bald zu einer lauschigen Ansammlung von historischen Bauernhäusern bzw. -höfen im Wustrower Ortsteil Barnstorf, die von bunten Bauerngärten umgeben sind. Gärten, die all jenen vertraut sind, die ihre Kinderzeit in dörflichem Ambiente verbracht haben. Es handelt sich um klassische Bauerngärten, in denen Nutz- und Zierpflanzen nebeneinander gedeihen und ein farbenfrohes, duftendes Schauspiel hervorbringen, das unser Gemüt streichelt und unsere Augen verwöhnt. Das Ensemble der vier Barnstorfer Höfe ist wegen seiner Einzigartigkeit ein Flächendenkmal. Die niederdeutschen Hallenhäuser aus Fachwerk und Rohrdächern sind etwas ganz Besonderes und ziemlich alt. Ein sogenanntes Durchgangshaus zum Beispiel stammt aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Kunstinteressierten hingegen wird in Barnstorf sofort die Kunstscheune ins Auge fallen - übrigens der einzige Ort auf dieser Wanderung, an dem man außerhalb Wustrows etwas trinken und essen kann (Imbiss, nur während der Saison geöffnet). Das bedeutet, dass Sie für eine Wanderung in Wustrows Drumherum Getränke und Proviant einpacken sollten. Kurz hinter Barnstorf steht auf der rechten Seite eine Sitzbank. Es lohnt sich, hier einen Moment zu verweilen. Lesen Sie das Schild neben der Bank und schenken Sie dem uralten Birnbaum ein wenig Aufmerksamkeit - derart alte Obstbäume sieht man nicht alle Tage. Immerhin wird der stattliche Baum laut Schild bereits 1743 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Unmittelbar dahinter befindet sich ein Parkplatz nebst WC. Danach geht es nur noch zu Fuß oder auf dem Fahrrad weiter.
Marschieren oder radeln Sie den Boddenweg, der bis nach Ahrenshoop und noch weiter führt, einfach so lange entlang, wie Sie mögen. Das Gelände ist übersichtlich und an markanten Punkten ausgeschildert. Sie durchschreiten eine typische, flache Boddenlandschaft, die zeitweise überflutet wird und in der Wasser und Land von ausgedehnten Schilfsäumen voneinander getrennt werden. Wenn Sie die kleine Rasthütte am Ufer des Saaler Boddens passiert haben, gelangen Sie in ein Gelände, das von knorrigen Weiden, Schwarzem Holunder und Schlehdorn geprägt wird. Bald darauf besteht die erste Möglichkeit, links nach Wustrow zurückzukehren (achten Sie auf den Wegweiser). Verlaufen ist sowieso unmöglich, weil der Wustrower Kirchturm stets weithin sichtbar ist und als Orientierungspunkt dienen kann. Wenn Sie sich öfter mal umdrehen, winken Ihnen wunderbare Ausblicke über die Boddenlandschaft mit der Wustrower Kirche im Hintergrund. Auf dem Wasser und den Wiesen, in den Wäldchen und auf den Feldern kann der aufmerksame Beobachter in Wustrows Drumherum viele interessante Tiere und Pflanzen entdecken, zum Beispiel die seltene Küsten-Engelwurz, eine salzverträgliche Unterart der Echten Engelwurz, die eine seit jeher genutzte Arneipflanze ist. Im Schilfsaum der Boddenufer bildet die Küsten-Engelwurz teilweise beeindruckende Bestände. Mit einer Höhe von bis zu 1,50 Meter und ihren stattlichen, grünlich-weißen Blütendolden ist dieses Gewächs nicht zu übersehen. Die Boddengewässer und feuchten Wiesen sind darüber hinaus ein Eldorado für Vögel und es lohnt sich, nach Bartmeisen, Rohrammern, Enten oder Greifvögeln wie den Seeadler oder den Rotmilan Ausschau zu halten. Mir gefällt die Landschaft um Wustrow herum vor allem im Frühsommer. Dann, wenn die Bauerngärten der Barnstorfer Höfe in voller Blüte stehen ... wenn die Kornfelder nicht nur in frischem Grün, sondern genauso in sattem Rot und leuchtendem Blau erstrahlen ... wenn Klatschmohn, Kornblumen, Echte Kamille, Acker-Krummhals und andere Feldpflanzen um die Wette blühen und der Gesang der Vögel die Luft erfüllt, ist diese Landschaft einfach nur toll. Die Düfte des Sommers in der Nase, gestreichelt vom lauen Sommerwind und eine üppige Landschaft vor Augen - das ist Luxus pur. Genießen Sie es!
Das Vorgesagte über den Sommer soll natürlich nicht heißen, dass die Gegend in anderen Jahreszeiten nichts zu bieten hat. Im Herbst, wenn bereits viele Vögel in ihre Winterquartiere geflogen sind und die Stille nur vom Rufen der rastenden Kraniche und Gänse unterbrochen wird, ist die Landschaft nicht weniger eindrucksvoll als im Sommer. Nein, auch das Karge, Graue, vom Nebel Verwischte hat seinen Reiz und lässt einzigartige Stimmungen entstehen. Das trockene Schilf raschelt im Wind und erzählt gemeinsam mit den nun braunen Dolden der Küsten-Engelwurz vom vergangenen Sommer. In den Herbst- und Wintermonaten sollte man außerdem nicht achtlos an den knorrigen Weiden und anderen Bäumen vorübergehen. Ist die Witterung feucht genug, zaubern Goldgelbe Zitterlinge und orangefarbene Samtfußrüblinge auffällige Farbtupfer in die von Grau- und Brauntönen dominierte Landschaft. Aber auch weniger farbenfrohe Pilze wie die samtig-braunen Judasohren, die vorzugsweise an den Stämmen und Zweigen des Schwarzen Holunders gedeihen, sind interessante herbst- bzw. winterliche Wegbegleiter. Dort, wo man Pilze sammeln darf, also außerhalb von Schutzgebieten können Judasohr und Samtfußrübling sogar den Weg in die heimische Küche finden, denn es handelt sich um essbare Schönheiten. Egal, ob im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter - eines sollte man sich in Wustrow auf keinen Fall entgehen lassen: Die Aussicht vom Turm der Wustrower Kirche, die nach dem Brand 1869 aus Backstein erbaut wurde! Der Rundumblick ist einfach grandios. Und wer Sehnsucht nach einer warmen Mütze bekommt, wenn ihm auf dem Kirchturm der Wind um die Ohren weht, der wird in Wustrow schnell fündig. An jeder Ecke gibt es Selbstgestricktes, das auf äußerst kreative Weise angeboten wird. Selbst Poller und Holzstämme an den Straßenrändern werden im Winter mit Strickmützen versehen. Sooo. Ich hoffe, Sie haben sich nicht gelangweilt und Lust auf eine Wanderung in Wustrows Drumherum bekommen. Wenn das so ist, dann wünsche ich Ihnen viel Freude und wunderbare Entdeckungen. Abschließend finden Sie ein paar Tipps und Fotos von Wustrows Drumherum einschließlich der Barnstofer Höfe.
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