Diese Wanderung gehört aufgrund ihrer Vielseitigkeit zu den schönsten auf Rügen und beginnt in Middelhagen, wo Sie am Gasthof "Zur Linde" in die Dorfstraße einbiegen. Begleitet von teilweise typischen Reetdachhäusern mit farbenfrohen Gärten und Urlaubsdomizilen blicken Sie links auf Feuchtwiesen und Schilfgebiete mit den Zickerschen Bergen als Kulisse im Hintergrund. Auf den Feuchtwiesen lassen sich trotz der starken Beweidung durch Rinder noch botanische Schätze wie Sumpfdotterblumen und Kuckucks-Lichtnelken entdecken und auch für Freunde der Tierbeobachtung bietet sich so manch erfreulicher Anblick.
Rohrweihen fliegen auf der Suche nach Beute über das Schilf, hin und wieder kreisen Seeadler am Himmel. Graureiher stehen regungslos auf den Holzpfählen oder an den Wasserläufen und lauern auf kleines Getier wie Frösche oder Mäuse. Rehe äsen am Schilfrand, Graugänse rasten auf den Wiesen. Ab und zu fliegen stattliche Höckerschwäne über einen hinweg, deren sirrender Flügelschlag weithin hörbar ist. Außerdem wird die Dorfstraße von knorrigen Baumgestalten gesäumt, die schon wegen ihres Alters mehr als einen Blick lohnen und in denen Vögel wie Star und Bachstelze nisten.
Nach ein paar hundert Metern kommen Sie am "Garten-Café" vorbei und sehen kurz darauf einen denkmalgeschützten Hof, der um das Jahr 1650 herum erbaut wurde. Das Niederdeutsche Hallenhaus ist das älteste Gebäude an diesem Teil der Middelhagener Dorfstraße, der Kleinhagen genannt wird. Die blaue Sitzgarnitur im Garten, die auf dem Foto aus dem Jahr 2015 noch zu sehen ist, lud bis vor ein paar Jahren dazu ein, bei einem Fischbrötchen und einem Pott Kaffee auszuruhen oder mit leckerem Räucherfisch für das Abendbrot nach Hause zu schlendern. Inzwischen ist das bedauerlicher Weise Geschichte, denn das Haus wurde verkauft und beherbergt heute Urlaubsgäste.
Unmittelbar hinter diesem Grundstück zeigt sich rechts ein Abzweig nach Mariendorf (heißt ebenfalls "Dorfstraße"). Fußgänger gehen am Abzweig vorbei weiter geradeaus. Radfahrer hingegen biegen nach Mariendorf ab. Sie müssen das Naturschutzgebiet am Schafberg umfahren oder das Fahrrad später am Schild über das Naturschutzgebiet stehen lassen, denn Fahrradfahren ist dort verboten. Fußgänger laufen also weiter geradeaus, bis sie den Abzweig zum Middelhagener Hafen (links - heißt ebenfalls, tja genau "Dorfstraße") erreichen und biegen dort ab. Auf dem Weg zum Hafen passieren Sie Wiesen, die regelmäßig vom leicht salzhaltigen Wasser der Bodden überflutet werden, was Pflanzen wie Strand-Dreizack, Strand-Wegerich, Strand-Milchkraut und Strand-Aster optimale Bedingungen bietet. Der Zusatz "Strand" deutet darauf hin, dass diese Pflanzen mit Salzwasser nicht wirklich ein Problem haben. Im Gegenteil: Die vorgenannten Pflanzen sind allesamt Spezialisten und können nur auf salzhaltigen Standorten angetroffen werden.
Der Hafen selbst ist ein wenig imposanter Anblick, das sei gesagt. Es gibt keine Mole und keinen Kai, auch keine Segelboote oder gar Jachten, keine Bar, keinen Imbiss. Sie werden von Sand und Steinen, Schilf und ein paar Fischerbooten empfangen, die zusammen mit den Höckerschwänen im Wasser herumdümpeln. Dafür punktet der Hafen mit einem wunderbaren Blick auf den Ort Gager am gegenüber liegenden Boddenufer, der sich am Fuß der Zickerschen Berge in die Landschaft schmiegt, während das Lobber Schöpfwerk aus der Ferne grüßt. Und wenn Sie nach rechts schauen, bekommen Sie einen Eindruck davon, was vor Ihnen liegt, nämlich der Witte Barg und der Schafberg.
Vogelfreunden sei der Middelhagener Hafen vor allem in den herbstlichen Vogelzugzeiten ans Herz gelegt, in denen Kraniche, Grau-, Weißwangen- und Blässgänse fast den gesamten Tag lang über den Bodden und somit auch über den Middelhagener Hafen ziehen. An sonnigen Tagen nimmt der Flugbetrieb am Himmel kein Ende und wenn man am Hafen auf einer Bank sitzt, den lauen Herbst- oder Frühlingswind im Gesicht und die unablässigen Rufe der durchziehenden Vögel in den Ohren - dann geht es einem einfach gut. Daneben lassen sich auf dem Boddengewässer Lachmöwen auf der Nahrungssuche, viele Enten und im Spülsaum manchmal auch Limikolen wie Alpen-Strandläufer beobachten.
Wenn Sie genug gesehen haben, laufen Sie den Weg zurück, den Sie gekommen sind und biegen links ab. Folgen Sie weiter der Straße und dann einem Feldweg, der um eine Deichanlage herumführt, die von einem besonderen Baumpärchen gekrönt wird: Eine stattliche Europäische Stechpalme (gemeinhin Ilex genannt) trägt das Zeichen "Naturdenkmal" teilt sich den Ort mit einem alten Birnbaum. Am Ende der Deichanlage sehen Sie rechts ein Schild, das darauf hinweist, dass Sie sich nun in das Naturschutzgebiet Mönchgut - Teilfläche Schafberg - begeben und das kurz erklärt, was in diesem Gebiet das Besondere ist. Radfahrer, die nicht nach Mariendorf abgebogen sind, müssen das Fahrrad hier abstellen, wenn Sie auf den Schafberg oder den Witte Barg wollen, denn Fahrradfahren ist im Naturschutzgebiet verboten (siehe Regeln für das Naturschutzgebiet auf dem Schild). Unmittelbar neben dem Schild steht übrigens eine Schaukel. Wer Kinder dabei hat, wird daran natürlich nicht so einfach vorbeikommen und kann bei herrlichen Ausblicken auf den Bodden und die Hügel die Kinder spielen lassen und eine Pause einlegen.
Der Feldweg führt Sie anschließend durch eine kleine, aber äußerst schöne Rügener Landschaft. Sie werden nicht nur vom schilfgesäumten Bodden und einem weiten Himmel begleitet, sondern auch von artenreichen Wiesen und zwei Hügeln, dem Schafberg und dem Witte Barg. Und wenn Sie jetzt gedacht haben, die Wanderung führt auf den Schafberg ... tja, dann haben Sie falsch gedacht. Der Schafberg ist nämlich jener Hügel, der rechterhand an Ende der Wiese ansteigt und auf dem Sie bei dieser Wanderung nicht stehen werden. Mit 34 Metern ist er etwas höher als der Witte Barg, der am Ende des Feldweges liegt und von den meisten Menschen fälschlicher Weise für den Schafberg gehalten wird. Und genau der ist Ihr nächstes Etappenziel. Die Wiesen an den Hängen der Hügeln sind eine wahre Augenweide und eine Schatzkammer für Pflanzen- und Insektenfreunde. Unmengen Gemeiner Grasnelken, Großer Klappertopf, Frühlings-Greiskraut, Gemeines Ochsenauge und viele andere Pflanzen locken Hummeln, Bienen und Schmetterlinge wie den Kleinen Fuchs oder Wegerich-Scheckenfalter, die Goldene Acht oder den Hauhechel-Bläuling an.
Bis zum Spätherbst 2023 verwöhnte uns der rechts liegende Schafsberg im Juni - wenn die Wiesen geradezu verschwenderisch in frischem Grün und bunter Blütenpracht erstrahlen - mit einem besonderen Anblick: Denn dann verzierten unzählige, satt gelb blühende Besen-Ginster-Büsche den Hügel, die mit den Farben der Wiese und dem Blau des Himmels um die Wette strahlten. Das ist inzwischen Geschichte und es leuchten nur noch vereinzelte Besen-Ginster-Büsche in der Landschaft. Denn die meisten dieser Gehölze wurden auf dem Schafberg gerodet, weil der Ginster über die Jahre zu dominant geworden war und der seltenen Magerrasenflora mehr und mehr den Lebensraum nahm.
Untermalt wird der frühsommerliche Anblick von einem vielstimmigen Vogelkonzert. In den vereinzelten Gehölzen auf der Wiese und am Wegesrand lassen Vögel wie Bluthänfling, Dorn- und Klappergrasmücke sowie Grauammer ihre Balzgesänge erklingen und mit etwas Geduld gut beobachten. Hin und wieder sonnen sich Ringelnattern im Gras zur Boddenseite hin oder man sieht eine Zauneidechse blitzschnell im Bewuchs verschwinden. Folgen Sie einfach dem Feldweg, der auf den Gipfel des Witte Barg hinaufführt und genießen Sie jeden Augenblick.
Sowohl der Witte Barg als auch der Schafberg beherben eine artenreiche und besondere Pflanzenwelt: Berg-Heilwurz, Großer Ehrenpreis, Weiße Schwalbenwurz, Gelbe Wiesenraute, Tauben-Skabiose und und und. Es ist wirklich beeindruckend, wie viele verschiedene Pflanzenarten auf relativ kleinem Raum ein Auskommen haben können, wenn man sie nur lässt. Dort, wo die Weiße Schwalbenwurz gedeiht, kann der Wanderer zudem ein Tier beobachten, welches man nicht alle Tage zu sehen bekommt und das oft auf den ersten Blick für einen sogenannten Feuerkäfer gehalten wird (der genau genommen "Gemeine Feuerwanze" heißt). Tatsächlich handelt es sich um eine Verwandte, nämlich die Ritterwanze, deren Larven sich von der Weißen Schwalbenwurz ernähren.
Folgen Sie dem Trampelpfad, der über den Witte Barg führt und öffnen Sie all Ihre Sinne. Und: Bleiben Sie auf dem Trampelpfad. Nicht nur, um die empfindliche Pflanzenwelt zu schonen und weil das Verlassen der Wege im Naturschutzgebiet sowieso verboten ist. Der Hügel besteht im Wesentlichen aus eiszeitlichen Sanden und weist sehr steile, teilweise instabile Hänge zum Bodden hin auf. Das Herumlaufen abseits des Trampelpfades kann durchaus gefährlich sein - achten Sie deshalb auch und vor allem auf Ihre Kinder und lassen Sie diese nicht im Gelände herumtollen. Tragen Sie durch das Einhalten der Regeln aktiv dazu bei, dass diese besonderen Lebensräume geschont und erhalten werden. Es gibt nicht mehr viele solcher Orte.
Wenn Sie auf dem Gipfel angekommen sind, sollten Sie innehalten und einfach nur die Ausblicke genießen, im Augenblick verweilen. Bleiben Sie stehen und schauen Sie sich in Ruhe in alle Richtungen um, denn die Aussichten vom Witte Barg gehören zu den schönsten auf dem Mönchgut. Blicken Sie hinüber zu den Zickerschen Bergen ... über Alt Reddevitz bis hin zum Reddevitzer Höft ... über Mariendorf und den Fliegerberg zum Jadschloss Granitz oder auf den Weg, der hinter Ihnen liegt bis nach Lobbe. Es ist einfach großartig. Einmalig.
Etwas unterhalb des Gipfels steht eine Bank, auf der es sich bestens staunen lässt, während Turmfalken am Himmel ihre schrillen Rufe vernehmen lassen oder der Kuckuck den Frühling verkündet und Kormorane auf den Findlingen im Wasser ihre Flügel zum Trocknen ausbreiten. Der Witte Barg ist ein Erlebnis für sich und ich versäume es in keinem meiner Rügenurlaube, ihn aufzusuchen. Ich liebe es, am Nachmittag auf der Bank zu sitzen und einfach nur an diesem Ort zu sein, denn dann verwandelt die Sonne das Wasser des Boddens in ein Glitzermeer und es entstehen zauberhafte Stimmungen, die kein Foto wiedergeben kann. Man muss es einfach erleben. Aber auch stürmische Tage, an denen einem der Wind gehörig um die Ohren weht und dunkle Unwetterwolken über die Landschaft getrieben werden, sind von hier oben erlebt besonders eindrucksvoll. Das finde ich jedenfalls.
Um vom Witte Barg nach Alt-Reddevitz abzusteigen, folgen Sie weiter dem Trampelpfad, der Sie an einer Wiese und Schlehen- und Brombeergebüschen vorbei letztendlich zwischen einem Grundstück und einem alten Haus zur Straße hinunter führt. Zwischendurch können Sie noch einen Blick auf den Strand zu Füßen des Steilufers werfen und die im Steilufer nistenden Uferschwalben beobachten. An der Straße biegen Sie links ab und haben nun einige Möglichkeiten, eine größere Pause einzulegen. Wer Kinder dabei hat und/oder picknicken möchte, kann dies auf dem Spielplatz neben der Straße am Bodden tun. Außerdem bietet sich im Sommer die Möglichkeit, kurz mal ins kühle Nass zu springen und auf der rechten Straßenseite kurz vor der Pokenstuw befindet sich eine öffentliche Toilette.
Wer Lust auf Kaffee, Kuchen, Eis oder etwas Herzhaftes hat, kann ins Moccavino oder in die Pokenstuw einkehren. Mein Favorit war wegen der phantastischen Torten in früheren Jahren das Moccavino. Nach mehreren Erlebnissen, bei denen sich das Moccavino als wenig kinder- und hundefreundlich erwies und noch dazu der Service sehr zu wünschen ließ, ist dieses Café für uns jedoch tabu.
Ich bevorzuge die Pokenstuw ungefähr 100 Meter weiter, wo man neben leckerem Kuchen auch ein Fischbrötchen oder eine Bockwurst bekommt und in einfachem, aber hübschem Ambiente bestens aufgehoben ist. Außerdem gibt es ein paar Rügener Produkte, unter denen man ein Mitbringsel für die Zuhausegebliebenen finden kann. Für den großen Hunger empfehlen sich in Alt-Reddevitz "Kliesows Reuse" sowie das "Am Wasser". Wenn Sie die Wanderung fortsetzen möchten, müssen Sie unmittelbar hinter der Pokenstuw rechts abbiegen und der Straße folgen. Die Straße "Alt-Reddevitz" wird beiderseits von Häusern flankiert, die teilweise von Gärten umgeben sind, in denen viele alte Bauerngartenpflanzen wie Pfingstrosen, Schwertlilien, Lupinen oder Goldlack gedeihen. Im weiteren Wegverlauf passieren Sie einen Reiterhof (rechts) und gelangen schließlich an eine Kreuzung mit Wegweiser. Rechts geht es nach Mariendorf, links auf den Fliegerberg hinauf und geradeaus zum Herzogsgrab in der Baaber Heide. Wer Lust und Zeit hat, sollte unbedingt den Fliegerberg besteigen, einem weiteren, kleinen Naturschutzgebiet, welches mit einer Besen-Ginster-Heide, alten Ebereschen, Holzbirnen und betagten Holunderbüschen aufwartet. Von oben hat man zudem eine schöne Sicht hinüber zum Schafberg und auf Alt-Reddevitz.
Um zum Herzogsgrab zu gelangen, nimmt man - wie bereits geschrieben - den Weg geradeaus. Dieser Weg gehörte bis 2022 zu meinen Lieblingswegen. Naturbelassen und von verschiedenen Gehölzen wie Besen-Ginster, Weißdorn, Birnen- und Apfelbäumen, Kartoffel- und Hundsrosen sowie diversen krautigen Pflanzen begrenzt, unter denen sich hier und da sogar Gemeiner Augentrost und Berg-Sandglöckchen entdecken ließen, war der Weg bis zum Herzogsgrab ein Erlebnis für sich. Ein wahrhaftig ursprüngliches Stück Rügen, welches ich zu jeder Jahreszeit geliebt habe und das Erinnerungen an die Landschaften meiner Kindheit weckte. Im Laufe des Jahres 2022 wurde der Weg jedoch massiv befestigt und verbreitert, wobei die Pflanzenwelt in den Randbereichen rücksichtslos entfernt bzw. beschädigt und den dort lebenden Eidechsen auch kein Gefallen getan wurde. Radfahrer müssen sich nun zwar nicht mehr durch die Stellen mit Zuckersand quälen oder vom Rad absteigen und Jäger sowie Förster haben ungehinderte Zufahrt in den Wald (Autos mit Urlaubern allerdings auch, obwohl es verboten ist), aber der Weg hat als Naturerlebnis und Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten nur verloren. Als Fußgänger sollten Sie sich in den Kurvenbereichen außerdem vor heransausenden Radfahrern in Acht nehmen, die nun ungebremst die Kurven nehmen können und irgendwie immer denken, außer ihnen sei niemand sonst unterwegs.
Dennoch sollten Sie auf alle Fälle immer mal wieder aufmerksam in die angrenzenden Wiesengelände schauen, auf denen man sehr oft Feldhasen und Rehe entdecken kann. Wenn sich Meister Lampe im Liebesrausch befindet und selbstvergessen einer Duftspur folgt, hoppelt er in diesem Gebiet übrigens gar nicht so selten direkt vor Ihnen her oder kreuzt Ihren Weg. Auch werden Ihnen die überaus stattlichen Kolkraben ebenso wenig verborgen bleiben wie Schmetterlinge beim Blütenbesuch oder Hornissen, die in den morschen Holzpfählen am Wegesrand Holzspäne für ihr Nest sammeln. In feuchten Herbstmonaten wiederum befinden sich auf den Wiesen Ansammlungen von Riesen-Schirmpilzen, die man in so großer Zahl nicht alle Tag sieht. Sehenswert sind außerdem die efeubewachsenen Bäume und blühenden Wildkirschen auf der rechten Seite, kurz bevor man den Wald am Herzogsgrab betritt.
Wenn Sie den Beginn des Waldes (die Baaber Heide) erreicht haben, sind es noch ungefähr 100 Meter, bis Sie vor dem Herzogsgrab stehen, bei dem es sich um ein Großsteingrab aus der Jungsteinzeit handelt. Es liegt unmittelbar an einer Weggabelung auf der linken Seite und ist nicht zu übersehen, zumal es eine Hinweistafel gibt, die über das Großsteingrab und die Funde, die darin gemacht wurden, informiert.
Flankiert von einer äußerst mächtigen Rotbuche und mit Blick auf ein ehemaliges Steilufer der Ostseeküste erlebt man am Herzogsgrab insbesondere bei einer tiefstehenden Sonne phantastische Stimmungen. Die alte Rotbuche gehört für mich zu den schönsten Bäumen auf Rügen und wird bei jedem Besuch von mir begrüßt. Ein betagter Baum, der eine Menge zu erzählen hätte, wenn er denn könnte ... Wie war das eben? Ein ehemaliges Steilufer der Ostseeküste? Mitten im Wald? Ja. Ganz genau. Wenn Sie Ihren Blick auf die rechts sichtbaren Hügel im Wald richten, sehen Sie ein Jahrtausende altes Steilufer, das nach einer Muschel benannte Littorina-Kliff. Das heißt, dort, wo Sie gerade stehen, rauschten vor ungefähr 6.000 Jahren die Wellen der Ostsee heran und die Findlinge, aus denen das jungsteinzeitliche Großsteingrab (zwischen 3500 und 2800 vor Christus) gebaut wurde, stammen höchstwahrscheinlich genau aus jenem Steilufer. Vom Frühling bis in den Sommer lassen sich rings um das Herzogsgrab und im weiteren Wegverlauf unheimlich viele Pflanzen des Waldes bestaunen: Gelbe und Weiße Buschwindröschen, Wald-Veilchen, Hohler Lerchensporn, Wald-Bingelkraut, Hain-Sternmiere, Rainkohl, Waldmeister, Wald-Ziest, Gewöhnlicher Wurmfarn, Echte Nelkenwurz und und und.
Später im Jahr gehört der Wald den Pilzen, zum Beispiel den blütenförmigen Fruchtkörpern der Riesen-Tramete am Fuß der alten Rotbuche. Auf halb verrotteten Baumstümpfen wachsen Massenansammlungen von Wässrigen Rüblingen, hier und da stehen Rotfuß-Röhrlinge. Falls es Sie jetzt in den Fingern juckt und Ihnen der imaginäre Duft einer Pilzmahlzeit in die Nase steigt ... denken Sie daran, dass Sie sich in einem Naturschutzgebiet befinden und jeder Pilz eine wichtige Rolle im Ökosystem Wald spielt. Um die Wanderung fortzusetzen, folgen Sie dem Hauptweg ein Stück geradeaus, bis rechts ein schmaler Weg auf das Littorina-Kliff hinaufführt (Radfahrer müssen übrigens auf dem Hauptweg bleiben). Sind Sie oben angekommen, biegen Sie links ab. Von nun an laufen Sie eine gute Strecke auf dem ehemaligen Steilufer entlang und erst von oben wird deutlich, wie imposant dieses Kliff tatsächlich ist. Insbesondere in jenen Jahreszeiten, in denen die Gehölze des Waldes kein Laub tragen, ist das ehemalige Steilufer hervorragend zu erkennen.
Folgen Sie dem Weg, bis Sie die Landstraße 292 erreichen, die an dieser Stelle das Littorina-Kliff durchschneidet. Überqueren Sie die Straße und setzen Sie die Wanderung auf der anderen Straßenseite fort, die Sie weiter durch die Baaber Heide führt. Dabei wird Ihnen schnell auffallen, dass der Wald in großen Teilen aus Rotbuchen besteht. Rotbuchen haben eine Vorliebe für das ehemalige Meeresufer, welches sich durch den Wald bis nach Göhren hinzieht.
Im Randbereich des Waldes wachsen links knorrige Eichen, während der Weg rechts zum Feld hin von verschiedenen Gehölzen wie Weißdorn, Haselnuss, Rotem Hartriegel und Schlehdorn begrenzt wird, in denen Vögel wie Dorn- und Mönchsgrasmücke ihre Brutreviere haben. Unter den Eichen haben vor allem wärmeliebende Pflanzen wie Maiglöckchen, Wald-Veilchen, Große Sternmiere oder Hain-Wachtelweizen ein Auskommen.
Wenn Sie an eine Weggabelung kommen, müssen Sie sich links halten und erleben nun unterschiedlichste Waldtypen, in denen sich - je nach Jahreszeit - verschiedenste Pflanzen zeigen: Weiße Buschwindröschen, Goldnessel, Hain-Sternmiere und Große Sternmiere sind die häufigsten Pflanzen in diesem Gebiet, in welchem Bunt- und Schwarzspecht sowie Hohltaube ihre Brutreviere haben. Während man Buntspechte recht häufig zu Gesicht bekommt, können Schwarzspecht und Hohltaube meist nur gehört werden. Beide sind seltene und scheue Waldbewohner, die empfindlich auf Störungen reagieren. In feuchten Herbstmonaten zeigen sich diverse Pilze in all ihrer Schönheit: Grünblättrige Schwefelköpfe, Schwefelporlinge und andere holzbewohnende Schönheiten. Ist der Herbst mild, kann man an sehr wenigen Stellen den außergewöhnlich hübschen Spechttintling entdecken, dessen Name auf die schwarz-weiße Hutfärbung zurückführen ist, die dem Gefieder des Buntspechtes ähnelt.
Ich schätze an diesem Waldweg besonders, dass man selten andere Menschen trifft. Man ist mit den Geräuschen, Düften und Anblicken des Waldes - wo erlebt man das schon noch?! Fahrradfahrern sei an dieser Stelle gesagt, dass der Weg aufgrund des lockeren Zuckersandes (in Regenphasen ist es kräftiger Matsch) ein häufiges Schieben des Zweirades verlangt ... Besonders ungeübten Radfahrern wird es schnell zu anstrengend und ich habe schon so manchen fluchend umkehren sehen. Wenn Sie als Wanderer eine größere Wegkreuzung erreichen (kurz davor können Sie rechts noch ein paar stattliche Rotbuchen bestaunen), biegen Sie rechts ab und stoßen kurz darauf auf eine Plattenstraße (den "Siedlerweg"). Stehen Sie am Beginn der Plattenstraße vor einem Rastplatz mit Tisch, Bänken und halb eingegrabener Mülltonne, sind Sie richtig und starten nun in die letzte Etappe dieser Wanderung.
Der Siedlerweg führt direkt zum Ortsrand von Middelhagen und wird von Ackerland begleitet. Die Feldlandschaft rings um Middelhagen und Alt-Reddevitz stellt einen der fruchtbarsten Landstriche des Mönchguts dar. Auf dem Weg zum Ausgangspunkt Ihrer Wanderung können Sie Ihren Blick über ein weite Landschaft schweifen lassen mit den Alleebäumen der Landstraße rechts im Hintergrund und links den Wiesen und Feldern in Richtung Lobbe. Am Rand der Äcker zeigt sich im Frühsommer ein farbenprächtiges Stelldichein verschiedener Ackerpflanzen: Kornblumen, Klatschmohn, Acker-Krummhals, Acker-Stiefmütterchen und Echte Kamille bilden einen artenreichen Feldrain, wie man ihn leider nur noch selten erleben kann.
Die Blüten ziehen viele Bienen, Hummeln und Schmetterlinge an, die wiederum für einen beachtlichen Vogelreichtum sorgen. In den Äckern singen Feldlerchen ihr Lied und vollführen ihre Balzflüge: Laut singend steigt das Lerchenmännchen hoch in den Frühlingshimmel auf, um sich dann abrupt in Richtung Boden hinabfallen zu lassen. Auch die gelb gefärbten Wiesenschafstelzen lassen sich vom Weg aus gut beobachten. Meist thronen die Männchen auf einem der höchsten Getreide- oder Rapshalme und trällern im Vergleich zum Feldlerchenmann eher leise vor sich. Auch die Misthaufen mitten im Feld sind bei den zierlichen Vögeln sehr beliebt, bieten diese doch reichlich Nahrung in Form von Insekten aller Art. Rotmilane und Mäusebussarde kreisen am Himmel. Selbst Seeadler ziehen ab und zu über die Äcker. Im Herbst, wenn die Felder abgeerntet und gepflügt sind, finden sich rastende Zugvögel wie Kiebitze, Stare oder Graugänse ein und die Rufe der ziehenden Kraniche künden vom nahenden Winter. Ich hatte im Oktober sogar einmal das große Glück, einen durchziehenden Wanderfalken zu entdecken.
Dort, wo das Feld zu Ende ist, sind Sie fast am Ziel. Sie können nun rechts herum direkt zur Bushaltestelle oder zum Parkplatz an der Touristeninformation bzw. zum Gasthof "Zur Linde" laufen (dann müssen Sie an der Bushaltestelle links abbiegen). Oder Sie machen einen kleinen Umweg am Gutsteich Philippshagen entlang (schmaler Weg geradeaus), so dass Sie an der Mönchgut Keramik ankommen, die gegenüber dem Gasthof liegt. Egal, welchen Weg Sie wählen: Werfen Sie unbedingt noch einen Blick zurück auf die Felder und die Allee an der Landstraße ... es lohnt sich.